Frakturen des Bewegungsapparates

Eine Fraktur resp. ein Knochenbruch ist immer eine ernstzunehmende Verletzung. In den letzten 100 Jahren hat sich die Behandlung von Knochenbrüchen enorm entwickelt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führten 60 – 80% der Beinbrüche nach Behandlungsabschluss zu einer Berentung.


Die Behandlung von Knochenbrüchen war lange Zeit, bis zum Ende des 19.
Jahrhunderts, konservativen Methoden vorbehalten. Selbst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war sie die Methode der Wahl.

In den 30er und 40er Jahren wurde dann die Technik der Knochenbruchbehandlung v.a. durch den Österreicher Lorenz Böhler erforscht. Viele dieser Konzepte haben bis heute Ihre Gültigkeit beibehalten. So sollen die verschobenen Bruchstücke genau eingerenkt werden und so lange in guter Stellung festgehalten werden, bis der Knochen fest durchbauen kann. Während der notwendigen Dauer der Ruhigstellung der gut eingerenkten Bruchstücke sollen möglichst viele oder alle Gelenke des verletzten Gliedes und der ganze Körper unter Vermeidung von Schmerzen aktiv in vollem Umfang bewegt werden um Störungen der Blutzirkulation, Schwund der Muskeln und des Knochens sowie Versteifungen der Gelenke zu vermeiden». Die Konzepte der offenen Reposition und inneren Knochenfixation waren geboren.

Das Hauptproblem bei operativer Frakturstabilisierung war in den hohen Infektionsraten zu sehen. Mit der Einführung von Asepsis und Antisepsis (Sterilität) änderte sich dies und es konnten erste Erfolge mittels operativer Verfahren erzielt werden.

Trotz der erzielten Fortschritte blieb eine bedeutende Anzahl bleibender Behinderungen vor allem nach Brüchen der unteren Extremitäten. Gemäss der Statistik der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) wurden im Jahre 1945 nach Unterschenkelbrüchen an 35% und nach Oberschenkelbrüchen gar an 70% der Patienten eine dauernde Invalidenrente ausbezahlt. Erst die Weiterentwicklung der Technik durch eine stabile innere Fixation der Knochenfragmente mit Metallimplantaten wie Platten, Schrauben oder Nägeln anstelle von äusseren Fixationen mit Gips brachte über die Jahre eine Verbesserung der Behandlungsresultate.

In den 1950er Jahren wurde die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen, AO, von Maurice E. Müller, Martin Allgöwer, Hans Willenegger, Robert Schneider und weiteren Chirurgen, Orthopäden, Ingenieuren und Metallurgen in der Schweiz gegründet. Ihr Bestreben war die Standardisierung von Verfahren zur Frakturversorgung. Dabei wurden folgende Behandlungsziele definiert:

  1. Anatomische Rekonstruktion der Frakturfragmente, insbesondere bei
    Gelenkbrüchen.
  2. Stabile innere Fixation durch interfragmentäre Kompression, um den lokalen
    biomechanischen Anforderungen gerecht zu werden.
  3. Erhaltung der Blutversorgung von Knochen und Weichteilen durch
    atraumatische Operationstechnik.
  4. Frühe aktive Mobilisation der verletzten Extremität sowie des Patienten zur
    Vermeidung der sog. Frakturkrankheit.

Bei einem Knochenbruch handelt es sich immer um eine Kombinationsverletzung des Knochen wie auch seiner umgebenden Weichteile (Sehnen, Muskeln, Faszien, Gefässe und Nerven sowie Haut). Der Weichteilschaden zeigt dabei ein unterschiedliche Ausprägung je nach Krafteinwirkung. In den meisten Fällen führt die Weichteilschädigung aber zu einem mehr oder weniger starken Anschwellen der den Knochen umgebenden Weichteile. Im Falle einer Verletzung der Haut spricht man von einem offenen Knochenbruch.

Das therapeutische Vorgehen bei einem Knochenbruch hängt somit nicht alleine von der Verletzung des Knochens wie auf dem Röntgenbild sichtbar, sondern entscheidend vom Zustand und vom Grad der Schädigung der Weichteile ab. So muss ein offener Knochenbruch immer notfallmässig operiert werden – während geschlossene Brüche, sofern sie überhaupt operiert werden müssen, erst nach der Erholung der Weichteile definitiv behandelt werden können, sei es eine Operation oder durch eine Gipsruhigstellung. Häufig erfolgt die Ruhigstellung bis zur Erholung der Weichteile unter stationären Bedingungen.

Am häufigsten sind Brüche des Handgelenks, des Fusses und der Zehen, des Sprunggelenks, und der Schulter.