Patella Instabilität – Aktuelles und Behandlung „State of the art“

Die Therapieansätze der instabilen Patella haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, dank des besseren Verständnisses dieses Gelenkabschnittes. Die Ausarbeitung eines Therapie- Algorithmus und neue operative Möglichkeiten haben das Behandlungsspektrum systematisiert. Mit dem neuen, von der AGA definierten „Patellar Instability Severity Score“ und dem empfohlenen Behandlungsalgorithmus ist eine langfristig gute Funktion des Patellofemoralgelenkes möglich.

Die Patella ist integraler Bestandteil des Streckapparates des Knies. Als Hypomochlion vermag sie die Kraft des Streckapparates fast zu verdoppeln. Dies führt zu sehr hohen Druckwerten im Femoropatellargelenk insbesondere in flektierter Position. Die korrekte Funktion des Femoropatellargelenkes ist deshalb sehr wichtig.

Am Femoropatellargelenk unterscheiden wir grob 2 Kategorien der möglichen Beschwerden:

  1. Die Instabilität der Patella (akut oder chronisch)
  2. Das femorpatellare Maltracking mit der möglichen Entwicklung einer schmerzhaften Femoropatellararthrose

In der Regel führt die chronische Patellainstabilität zu einem Maltracking und im weiteren Verlauf zu einer Femoropatellararthrose.

Die Erstluxation geschieht oft durch einen Unfall in der Regel beim (Kontakt-)Sport im Rahmen eines Zweikampfes.
Häufig liegen allerdings die Patellastabilität beeinträchtigende Faktoren als Vorstand vor. Durch die Erstluxation kommt es in der Regel zu einer Ruptur des „Innenbandes“ der Kniescheibe, dem sogenannten MPFL (mediales patellofemorales Ligament), welches in der Regel (wenn nicht korrekt konservativ behandelt) elongiert und somit insuffizient ausheilt. Im weiteren Verlauf steigt die Wahrscheinlichkeit für weitere Luxationen der Patella.
Das Ziel der konservativen Therapie ist eine möglichst stabile Heilung des Kniescheibeninnenbandes sowie eine muskuläre Stabilisierung der Kniescheibe. Weil die Patella praktisch ausschliesslich nach lateral luxiert, nimmt der Vastus medialis (und hierbei v.a. der oblique Anteil) eine besondere Rolle als aktiver Stabilisator ein.
In der Ersten Phase der konservativen Therapie wird vor allem die Patella mit einem Patellazentrierenden Brace stabilisiert. Das Kniescheibeninnenband weist die geringsten Spannungsverhältnisse zwischen 15 und 45 Grad Biegung auf. In voller Streckung sowie bei Biegung über 60 Grad ist die Spannung erhöht. Die initiale Therapie zielt somit auf eine möglichst optimale Entlastung des Kniescheibeninnenbandes hin, damit dieses so günstig wie möglich vernarben kann. Die Literatur konnte aufzeigen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Elongation des Kniescheibeninnenbandes und dem Rezidivereignis der Patellaluxation besteht.

Folgende Bewegungseinschränkung hat sich etabliert:
Woche 1 und 2: 0-20-40
Woche 3 und 4: 0-10-60
Woche 5 und 6: 0-0-90

Somit eignet sich am besten eine Kniegelenksorthese mit der Eigenschaft der Patellazentrierung und der Möglichkeit der Limitierung der Flexion und Extension.
Des Weiteren hat sich eine Teilbelastung für 2 Wochen mit anschliessendem Belastungsaufbau etabliert. Dabei sollen in der initialen Heilungsphase die Zugkräfte des Quadricpes auf insbesondere das Kniescheibeninnenband reduziert werden.

Nach zwei Wochen kann ein gradueller Belastungsaufbau erfolgen. Der Kräftigung des M. vastus medialis kommt eine besondere Bedeutung zu. Neben der Kräftigung des M. vastus medialis ist ein Achsentrainig entscheidend.
Hierbei sind folgende Muskelgruppen mit einem besonderen Akzent zu trainieren: Rumpfmuskulatur, Abduktoren der Hüfte sowie die Tibialis posterior Muskulatur.

Abb.1: Lateralisation der Patella bei Adduktion der Hüfte, Innenrotation des Beines und Pronation des Fusses

Die Patellastabilität beeinflussende Faktoren

Rotation des Femurs und der Tibia:

Die Führung der Patella wird durch verschiedene geometrische Gegebenheiten des Bewegungsapparates definiert. Eine femorale Innenrotation (v.a. bei einer Coxa antetorta) sowie einer tibialen Aussenrotation bewirken eine Lateralisation der Patella und begünstigen somit die Luxationstendenz (Abb. 2). Je nach Ausmass der Fehlstellung muss eine Korrektur dieser Fehlstellung ins Behandlungskonzept integriert werden. Eine grobe Einschätzung der femoralen Innenrotation kann klinisch mit der Innenrotation am Hüftgelenk bestimmt werden. Werte über 45° sprechen für eine relevante Coxa antetorta (beim Heranwachsenden ist ein Antetorsionswinkel physiologisch) und sollten mittels Rotations-CT (Strahlenbelastung) oder -MRI abgeklärt werden. Die tibiale Aussenrotation sollte mittels CT (Strahlenbelastung) oder MRI abgeklärt werden. Dabei bestimmt man den Abstand von der Tuberositas tibiae und der Trochleagrube (TTTG = Tuberositas Tibiae Trochlear Groove). Werte über 16 mm sind pathologisch und müssen ins Behandlungskonzept integriert werden (Abb. 4). Häufig liegt eine kombinierte Rotationsfehlstellung am Femur wie auch an der Tibia vor (Abb. 3).

Abb. 2. Bsp. Einer Coxa antetrorta mit sichtbarem Einfluss der Znahme der Antetorsion des Schenkelhalses auf die Lateralisation der Patella.
Abb. 3. Die femorale Innenrotation und die tibiale Aussenrotation bewirken eine Lateralisation der Patella.
Abb. 4. Bestimmung des TTTG als Distanz zwischen dem höchsten Punkt der Tuberositas tibiae und dem tiefsten Punkt der Trochlea Grube.
Die Achsenverhältnisse

Ein Kniegelenksvalgus geht mit einer Lateralisation der Patella einher, wodurch der Q-Winkel erhöht wird. Ein Varus wirkt dem entgegen. Ein ausgeprägter Kniegelenkesvalgus muss ins Behandlungskonzept integriert werden. Ein Knick-Senk-Fuss verstärkt den Valgus und führt zu einer Innenrotation des Beines und einer Verstärkung der Lateralisation der Patella. Hier kann eine konservative Therapie mit einer Kräftigung der Tibialis posterior Musekelsehneneinheit und allenfalls mit medial abstützenden Einlagen oft ein positives Ergebnis erreicht werden. Diese Einlagen können, wenn sie medial ein wenig angehoben werden (ca. 0.5 cm) einen leichtgradigen varischen Effekt auf das Kniegelenk ausüben. Gelegentlich muss ein ausgeprägter Kniegelenksvalgus ins operative Konzept mitintegriert werden (Varisationsosteotomie).

Abb. 5. Erhöhter Q-Winkel mit Lateralisation der Patella bei Genu Valgum
© 2015 AGA-Komitee-Knie- Patellafemoral
Die Trochleamorphologie:

Einer der wichtigsten Faktoren für die Stabilität der Patella ist die Morphologie der Trochlea. Sie bildet die knöcherne Führung der Patella. Meistens liegt bei den rezidivierenden Patellaluxationen eine Dysplasie der Trochlea unterschiedlichen Ausmasses zugrunde. Eine physiologisch ausgebildete Trochlea weist eine konkave Form (Abb. 6) auf und kann die darin gleitende Patella sehr gut stabilisieren. Je nach Ausmass der Dysplasie ist diese Führungsgrube flach (Abb. 7) oder sogar konvex (Abb. 8). Die Stabilität der Patella nimmt entsprechend ab. Das Ausmass der Dysplasie bestimmt weitgehend das therapeutische Vorgehen.

Abb. 6. Normale Trochlea
Abb. 7. relevante Trochleadysplasie (Flache Trochlea)
Abb. 8. ausgeprägte Trochleadysplasie (konvexe Form) -> hochgradige Instabilität

Die Höhe der Patella und der sogenannte Patellofemorale Index nach Biedert:

Eine hohe Patella (Patella alta) gilt als Risikofaktor für eine Patellaluxation, da sie sich „ausserhalb“ der trochleären Führung befindet. Sie gleitet erst bei höheren Flexionsgraden in die knöcherne Führung der Patella. Das MRI des Kniegelenkes wird in voller Streckung durchgeführt. Hier wird neben dem Canton-Deschamps Index neu auch der sogenannte Patellofemorale-Index nach Biedert bestimmt, dieser zeigt, wie viel des gelenkigen Anteiles der Patella bereits (in Streckung) in die Trochlea eingetaucht ist. Ein Canton Deschamps Index über 1.2 sowie ein Patellofemoraler Index unter 25% sprechen für eine Instabilität.

Abb. 9. Patellofemoraler Coverage Index: Ausmass der Überlappung der Gelenkflächen retropatellär und der Trochlea (Strecke b/Strecke a) Pathlogisch <25%.

Abb. 10. Canton Duchamps Index: Strecke b/Streck a >1.2 ist pathologisch. (hier : 1.7)

Patella Instability Severity Score

Nach jeder Patellaluxation sollte diagnostisch neben dem Ausschluss von osteocartilaginären Verletzungen die Schwere der Patellainstabilität beurteilt werden. Hierbei hat die Arbeitsgruppe von der AGA (Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie) einen wissenschaftlich evaluierten Score (PIS-Score, Patellar Instability Severity Score) etabliert, welcher eine Einschätzung einer möglichen Rezidivluxation erlaubt. Daraus abgeleitet ergibt sich auch der Behandlungs-Algorithmus.

Abb. 11. Patellar Instability Severity Score (modifiziert nach Balcarek et al., KSSTA 2014, ©2015 AGA-Komitee-Knie-Patellofemroal

Abb. 12. Therapiealgorithmus bei Patellaerstluxation © AGA-Komitee-Knie-Patellofemoral

Die Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Problematik. Sie umfasst folgende Therapieansätze welche einzel oder in Kombinatio zur Anwendung kommen könnnen:

MPFL-Plastik:

https://d1psc3qesfsa61.cloudfront.net/pdfs/sjjbwPkEEeCRTQBQVoRHOw/sjjbwPkEEeCRTQBQVoRHOw.pdf?Expires=1549657507&Signature=btjJBRG%7Eqrjw6pB6R-0g5Ul5MfrYdGjYI-N3X0TkVQ9HBYhW-Tqa-FglrSz84VNwJwhz9m6oE4o%7E0b3CFMeDjf4BbnMDVZSNUlaGtLtVHrzYtH1nAdrBhKkmIpRPs%7Eq54AKcg-OyqbL6ULdtyZ46oPYLLTrKw%7E63uTeg2T9zpXgkEXudQn-XWhHqykyJWsExPrqdS7b4ZksBQgHDFVzhiNN3u4LW9GNPaUj3K08UYSpPYE%7EdrgLktw56-cgDewUIYfE5%7EyrGBU5AjvFl2MRI%7EIHDvPRgyK5rBLYdTALSrXc2KCvAOZTI4RmISMuo-5Cle6J1HV4aEgU2Qb31TuztzA__&Key-Pair-Id=APKAJMGJRW6JX5OBM5LA

Trochleaplastik:

https://www.arthrex.com/de/weiterfuehrende-informationen/videos/egllbzWPYE2-4gFZX8uWyA/deepening-trochleoplasty-with-mpfl-reconstruction#share-assetvideo-modal

Merksätze

  • Für die Stabilität der Patella ist insbesondere die Form respektive die Konkavität der Trochlea, die Höhe der Patella, die Rotationsverhältnisse am Femur und Tibia sowie der Zustand der Weichteilstabilisatoren entscheidend.
  • Jede Patellaluxation sollte bildgebend (Röntgen Kniegelenk und MRI) abgeklärt werden, weil sich bei osteochondralen Verletzungen sowie bei einem hohen Reluxationsrisiko (Patellar Instability Severity Score) eine Operationsindikation ergibt.
  • Eine Beurteilung durch den Orthopäden sollte bei geringer Erfahrung mit dem Bewegungsapparat erfolgen. Der Patella «Instability Severitiy Score» und der Therapiealgorithmus sind zur korrekten Therapieeinleitung eine nützliche Hilfe.
  • Beim Entschluss zur konservativen Therapie ist ein korrektes Nachbehandlungsschema für den Erfolg unabdingbar.

Arzt Orthopäde Basel Facharzt Sportklinik Orthopädie Bewegungsapparat Sportverletzungen 2. Meinungen Fuss Knie Sprunggelenk Kinderorthopädie Traumatologie Knochen Brüche Frakturen Arthroskopie Kniegelenk und Sprunggelenk Posteriore Sprunggelenksarthroskopie Arthrose Knorpel (therapie) Knorpeltransplantation AMIC MACI Meniscuschirurgie Meniscus Transplantation (Kunstmeniscus oder Spendermeniscus) Bandrekonstruktion. Bandersatz/Bandplastik Sehnenchirurgie Kreuzbandchirurgie Vorderes Kreuzband Hinters Kreuzband Komplexe Instabilität Knie Kniescheibeninstabilität Patellaluxation Trochleadysplasie Trochleaplastik Achsenfehlstellung X-Bein oder Valgusknie O-Bein oder Varusknie Rotationsosteotomie MPFL-Plastik. VKB-Plastik HKB-Plastik Posterolatere Instabilität Anterolaterale. Instabilität Plicasyndrom chronisches Kompartmentsyndrom arthroskopisch assistierte Logenspaltung Kniegelenksprothese Hüftgelenksprothese Neurolysen der peripheren Nerven Künstliches Kniegelenk Künstliches Hüftgelenk Sprungelenksarthrose Hallux valgus Krallenzehen Hammerzehen Vorfusschirurgie. Lisfrancarthrose Achillessehne Achillessehnenentzündung Achillessehnendegeneration Achillessehennaht Revisionschirurgie Achillessehne Umkehrplastik Achillessehne Augmentationsplastik Achillessehne via FHL-Sehne Arthroskopische Eingriffe Sprunggelenk und Knie Peronealssehnen Peronealsehnenluxation Achesenkorrekturen. Rückfuss Os trigonum Impingement Sprunggelenk Tibialis posterior Sehne Runners Knee Stressfrakturen Orthopädie Basel Arzt Expertise und Behandlungsspektrum: Knie Fuss und Sprunggelenk Hüfte Orthopäde Orthopädie Basel Knie Fuss Sportklinik Expertise.Patellaluxation Trochleadysplasie Trochleaplastik Achsenfehlstellung X-Bein oder Valgusknie O-Bein oder Varusknie Rotationsosteotomie MPFL-Plastik. VKB-Plastik HKB-Plastik Posterolatere Instabilität Anterolaterale. Instabilität Plicasyndrom chronisches Kompartmentsyndrom arthroskopisch assistierte Logenspaltung Kniegelenksprothese Hüftgelenksprothese Neurolysen der peripheren Nerven Künstliches Kniegelenk Künstliches Hüftgelenk Sprungelenksarthrose Hallux valgus Krallenzehen Hammerzehen Vorfusschirurgie. Lisfrancarthrose Achillessehne Achillessehnenentzündung Achillessehnendegeneration Achillessehennaht Revisionschirurgie Achillessehne Umkehrplastik Achillessehne Augmentationsplastik Achillessehne via FHL-Sehne Arthroskopische Eingriffe Sprunggelenk und Knie Peronealssehnen Peronealsehnenluxation Achesenkorrekturen. Rückfuss Os trigonum Impingement Sprunggelenk Tibialis posterior Sehne Runners Knee Stressfrakturen Orthopädie Basel Arzt Expertise und Behandlungsspektrum: Knie Fuss und Sprunggelenk Hüfte Orthopäde Orthopädie Basel Knie Fuss Sportklinik Expertise